Meine Frau und ich sind ja seit Jahren bekennende Camper. Also nicht wie „die Camper“ mit einem Jahresstellplatz, Blumenbeet und Jägerzaun vorm Wohnwagen, sondern wir bevorzugen das Zigeunern. Dorthin fahren wo man Lust hat, ein zwei Tage stehenbleiben und weiterziehen.
Vornehmlich nach Frankreich. Kurztrips – oder wenn aus organisatorischen Gründen der Urlaub mal kürzer ausfällt - machen wir gern nach Dänemark. Liegt auf der Hand, da wir ja im ehemaligen Teil des Königreichs wohnen und es ja vor der Tür liegt. Dieses Mal waren wir wieder auf unserer Lieblingsinsel Rømø. Vorteil, eine richtige Insel, die man über einen Straßendamm erreichen kann, der kurz nach dem 2. Weltkrieg aufgeschüttet und mit einer Straße versehen wurde. Etwas angenehmer als der Bahndamm nach Sylt…
Angesichts eines Ersterlebnisses auf dieser Insel – schwerer Sturm und Starkregen – sind wir heute ein wenig an den Wohnwagen gebunden. Sehr kuschelig. Da nutze ich doch die Zeit zum Tippen, Antje steht am Herd und kocht was leckeres, grillen geht ja heute nicht.
Keine Angst, es wird kein Rømø-Bericht, obwohl auch die Insel einige kleine Sehenswürdigkeiten vergangener Tage zu bieten hat, einschließlich deutscher Bunkeranlagen, die im Rahmen von Führungen besichtigt werden können.
Heute stelle ich einmal das VikingeCenter in Ribe vor (die älteste Stadt Dänemarks – altdänisch Ripa - eine wie ich finde wundervolle, historische Stadt, die im Grunde auch einen Bericht wert wäre).
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Fehlten auf keinen Wegen. Herumstreunende Wikinger |
Im Jahr 860 suchte Ansgar von Bremen einen Platz für die erste in Skandinavien zu errichtende Kirche, seine Wahl fiel auf Ribe. Daher ist Ribe aus dieser Zeit erstmals durch die Anfrage Ansgars an König Horik urkundlich erwähnt. Wie archäologische Funde zeigen, war Ribe aber schon lange vorher ein wichtiges Handelszentrum während der Wikingerzeit.
Im Jahr 1992 entschloss man sich, am Rande Ribes, eine Stadt aus der Wikingerzeit nachzubauen. Und man baut heute noch. Aktuell entsteht gerade eine kleine Hafenanlage. Sehr beeindruckend, das alle Handwerker die dort tätig sind, in historischen Gewandungen auftreten und ausschließlich mit den damaligen Werkzeugen und Hilfsmitteln arbeiten. Der Bau der Hafenanlage soll 3 Jahre dauern. Ab 2016 wird dann endlich die Ansgarkirche gebaut, natürlich mit authentischen Hilfsmitteln und Werkzeugen.
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Im Inneren des großen Langhauses. Schlafen, Kochen, Essen
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In fast jedem Haus brannte die Feuerstätte |
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Das Sippenoberhaupt hat natürlich einen persönlichen Raum |
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Auch das Brettspiel darf nicht fehlen |
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Kennen wir doch von den Briten, Das Cup-Board |
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Reitersattel. Oben kommt natürlich noch ein Fell drauf. |
Das mehrere Hektar große Areal verfügt neben dem obligatorischen großen Langhaus des Jarls, über zahlreiche kleinere Gebäude und Gehöfte. Neben der Schmiede, Stallungen und Speichern, sind dann noch Viehweiden (jawohl, auch Tiere dienen dort als Re-enactor), Ackerflächen und Gemüsegärten zu bewundern. Alles wirklich aktuell gehegt und gepflegt, natürlich mit historischen Ackergeräten. Neben den hauptberuflichen Wikinger-Reenactors (wie Stallburschen, Handwerker, Bauern) sind in der Sommersaison dann noch zusätzliche Handwerker und Händler aus ganz Europa (sehr viele Deutsche) in einem Zeltlager am Start. Es ist tatsächlich so, dass die „Hobbywikinger“ teilweise ihren 6 wöchigen Jahresurlaub dort verbringen.
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Der landwirtschaftliche Bereich. Was man jetzt nicht sehen kann, die Kühe stehen also nicht den ganzen Tag festgebunden zur Kurzweil der Besucher. Sie werden auf die benachbarten Weiden geführt. |
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Sieht ziemlich relaxt aus. Pennt und stützt das Maul auf einen Pfosten … |
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Also die Re-enactment Tiere sind eh die Härtesten. Nebenher wird dann mal im Museumsdorf gekalbt (in einer benachbarten Stallung war die Mutterkuh mit ihrem 1 Tag alten Kalb) |
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Während Junior sich streicheln lässt, wartet Mama sehnsüchtig aufs abmelken.. |
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Blick über das Gemüsefeld |
Natürlich wird das schöne Bild dieser Siedlung dadurch getrübt, das dort Massen an Touristen durchlaufen. Aber klar, muss ja sein, anders wäre das ja auch nicht zu finanzieren.
Sehr attraktiv, die Touris können bei allem mitmachen. Papas die in Kettenhemden gestopft werden, einen Helm auf den Kopf und ein Schild in die Hand bekommen, werden dann von Sohnemann in Tunika gewandet und behelmt mit Holzschwert malträtiert, indem er munter auf den Erzeuger einprügelt. Sehr belustigend, wenn man den Filius dann in voller Aktion erlebt und Mami rufen hört „hau auf die Beine….“
Das Langbogenschießen darf dann auch nicht fehlen. Neben Schmiedearbeiten, Schmuck und Münzenherstellung, kann man dann einige Holzarbeiten für die Zimmerleute erledigen. Angesichts der guten Frequenz an allen Arbeitsplätzen, haben wir dann für die Zimmermannscrew, die gerade dabei war einen Speicher zu bauen, Holznägel gefertigt. Natürlich darf auch Gemüse geputzt und Brot gebacken werden.
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Die Schmiede |
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Darf natürlich nicht fehlen. Die Kultstätte |
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Sehr schön fand ich den Wagen |
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Alles in Vollholz |
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Wäre einmal interessant zu wissen, wie sich der Karren im Dauerbetrieb macht. |
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Hier die Spielstätte. Papa wird gerade vorbereitet, um vom Sohnemann vertrimmt zu werden. |
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Bogenschiessen darf natürlich nicht fehlen |
Während der Sommermonate wird dann noch eine Falkner (..besser gesagt Falknerinnen) Show gezeigt, sowie Schaureiten mit größeren Gruppen von Isländerpferden. Da tölten dann die Gewandeten munter durch die Pampa. Wer´s mag ….
Das Gelände, die Baulichkeiten und Gehöfte schmiegen sich eindrucksvoll in die leicht hügelige, mit einem Fluss durchzogene Landschaft. Das schöne Wetter und die in voller Frucht stehenden Gemüsegärten taten Ihr Übriges.
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Die Falknerin (aber diesmal mit Eule) |
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Nun aber ohne Eule |
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Anflug |
Den Eingangsbereich bildet ein weiterer Hausbau, der neben der Eintrittskasse den üblichen Museumsshop beherbergt. Hier kann man dann neben dem Wikingerkillefit auch einiges an Literatur erstehen. Angesichts meines nicht so tiefen Interesses und Kenntnis zu dem Thema kann ich über die Qualität der Bücher nichts sagen. Eines fiel mir auf und in die Hände „Kochen wie die Wikinger“. Ich war geneigt es schon anzuschaffen, als meine Frau lapidar sagte „Du kochst doch eh wie ein Wikinger, Feuer an, Fleisch drauf. Brauchen wir nicht. „ Ok, überzeugt. Beim Durchblättern sah ich eh: überwiegend vegetarische Küche.
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Schornstein ? Braucht man nicht |
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Immer wieder beeindruckend, die Holzkonstruktionen |
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Quartier für einen Sommer. Man muss schon Idealist sein .. |
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Auch die Damen der stofffärbenden Fraktion verbringen Ihren Wikingersommer in Dänemark |
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Bello ist es egal ob er zu Hause auf dem Steintritt pennt, oder im Wikingerlager. Auch Re-enactmenthunde sind harte Hunde. |
Ich denke jetzt gerade an die armen Schweine, wo ich gemütlich bei Sturm und Regen im Wohnwagen sitze.
Ein Wanderschmied zeigt sein Handwerk
Aus diesem Holzpfahl schnitzt der Bogenbauer einen Langbogen
Auch wieder beeindruckend, wie einfach aber effektiv die Handwerksgeräte sind
Bunter Schmuck, alles aus dem kleinen Tonofen
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Die Kavallerie töltet voran |
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Wo der kleine Racker wohl gezeugt wurde …. |
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Lecker. Stockfisch aus Scholle |
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Der Beginn der Hafenanlage |
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Lastkran, einfach aber effektiv |
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Bau eines Speicherhauses |
Wer also seinen Ferienhausurlaub an der Westküste Dänemarks verbringt (in den klassischen Gebieten Blavand, Vejers, Hvide Sande etc.) sollte einen Abstecher nach Ribe machen.
Weiterhin empfehle ich noch den Besuch der Wikingersiedlung in Bork Havn. Auch ein sehr schöner Siedlungsnachbau, den ich vor Jahren einmal besucht habe. Auch dort wird noch einiges neu entstanden sein, da auch damals Planungen zu weiteren Bautätigkeiten vorlagen. Die Lage von Bork Havn direkt am Ringkøbing Fjord und der Nachbau mehrerer Wikingerboote – darunter eine sehr schöne Knorr - macht auch diese Siedlung sehr attraktiv.